THE GELDZAUBERER Teil 1: "Wie Geld Geschaffen Wird"

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INHALTSVERZEICHNIS
1) Einleitung
2) Warum der Titel “die Geldzauberer”?
3) Die Entstehung der Federal Reserve
4) Missverständnisse übers Geld
5) Wie Geld geschaffen wird
6) Warum Geld undemokratisch ist
7) Das Verlust-gleicht-Gewinn-Spiel (Zero Sum Game)
8) Uralte Weisheiten übers Geld

 

1) Einleitung

Willkommen bei der Informationsfolge um Geld und Finanz… mal ein Bisschen anders. Mein Name ist Smithy, und ich komme aus dem „Land of Oz“.
Als Antwort auf die zunehmende Zahl der Wirtschafts- und persönliche-Finanz-Sendungen bei den meisten Medienunternehmen, auch so genannten öffentlichen Medien (beispielsweise NPR und PBS) bieten wir Ihnen diese neue Sendefolge übers Geld – nur ein Bisschen anders gedacht! Im Laufe dieser Folge schauen wir über die neusten Schwankungen des DOW und der NASDAQ hinaus, an den heißesten Aktien-Tips vorbei, um schließlich festzustellen, wie seltsam und undemokratisch unser Geldsystem tatsächlich ist. “Die Geldzauberer” wirft zunächst mal einen kritischen Blick auf den Mechanismus der Kapital- und Schuldenmärkte; wer die Entscheidungen fällt, die diese Märkte im Wesentlichen treiben, und wie die Marktsituation anschließend das Leben von allen beeinflusst.
Wir haben ein Geldsystem vererbt, das die industrielle Revolution vorantrieb, während des Vietnam-Kriegs seine Abdeckung durch Konsumwaren verlor, und nun den Verkehr von Milliarden von Dollar über Millionen von Meilen binnen Nanosekunden verkörpert. Gedrucktes Geld ist fast nicht mehr von Relevanz: inzwischen wurde es durch Bits und Bytes in Computernetzwerken ersetzt. Doch während Geld nichts Anderes ist als ein höchstabstraktes Maß oder Tauschmittel, bestimmt es unser Leben: sein Verschwinden kann den Handel zum Stillstand bringen und dabei ganze Gemeinschaften in die Knie zwingen. Diese geradezu wahnsinnige Situation wäre mit einem Schreiner zu vergleichen, der zu arbeiten aufhört, weil es am “Zentimetervorrat” mangelt; oder mit einem Musiker, der das Tuch wirft, weil es an Dezibels fehlt!
Heute in Teil eins untersuchen wir die äußerst seltsame Beschäftigung des Geldmachens: wie Geld geschaffen wird, und von wem. Wir hinterfragen die mysteriöse Methode des Geldmachens zunächst indem wir den Ursprung und die Rolle eines der weltweit geheimsten Institutionen untersuchen: des Federal Reserve System. Wir werfen dazu auch einen Blick auf die Aufgabe des kommerziellen Bankwesens, und überlegen uns wieso die Erschaffung von Geld durchaus ungerecht und undemokratisch ist.
In künftigen Folgen schauen wir hinter die Kulissen der Federal Reserve und deren einzigen Anteilseigner: des privaten Bankwesens. Wir untersuchen zudem vergleichbar geheime Institutionen wie die Bank for International Settlements in der Schweiz, die Weltbank, den Internationalen Währungsfonds, Zentralbanken in anderen Ländern und – am Wichtigsten – den Einfluss, die diese Unternehmen auf die internationalen Börsen haben.
In den letzten 20 bis 30 Jahren wurde die Öffentlichkeit zunehmend darauf aufmerksam welche dauerhaften Folgen das kurzsichtige profitorientierte Verhalten der industriellen Revolution schließlich hatte. Globale Erwärmung, das Ozonloch und saurer Regen sind inzwischen allen bekannt. Das derzeitige Geldsystem – auch ein Überbleibsel dieser Epoche, mithilfe dessen wir die Zukunft  ständig “diskontieren” (d.h. Zahlen weniger dafür als der tatsächliche Wert der Ressourcen) – hat eine Große Rolle bei der Zerstörung der Umwelt gespielt. Viele stellen die gleiche Frage: “Können wir geldliche und wirtschaftliche Systeme entwickeln, die dazu ermutigen, die Umwelt und den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen zu bewahren?
In diesem Sinne werden wir in den kommenden Folgen einige Mängel der akzeptierten Leitkultur in der Wirtschaftstheorie untersuchen: Mängel, die schließlich zur Zerstörung der Umwelt beigetragen haben. Anschließend werden wir die Funktionsweise neu entstehender Wirtschaftsformen erkunden, die einige von diesen Mängeln ansprechen und die Grundsteine der herkömmlichen Wirtschaftstheorie in Frage stellen.

2) Woher der Titel „Die Geldzauberer“?

Die Erklärung hierfür setzt den historischen Rahmen dieser Folge und erinnert an die Zeit vor hundert Jahren, als die Bürger ihr Geldsystem besser verstanden und um aktive Teilnahme an ihm gebeten haben.
Heutzutage hingegen hat die Mehrheit der Erdenbürger recht wenig Ahnung davon wie das internationale Geldsystem wirklich funktioniert. In der Tat sind unsere Leben aber weitgehend vom internationalen Geldsystem bestimmt und davon abhängig.
Geld ist ein allgegenwärtiger Gegenstand in unseren Leben: wir sehen es als selbstverständlich an. Fast wie Fische im Wasser stellen viele Leute die Fundamente des Geldsystems erst nicht einmal in Frage, obwohl dieselben Fundamente recht wackelig zu sein scheinen. Zu dem werden wir Finanzleuten dementsprechend ausgebildet, dass wir die Wirtschaft nur aus einem Blickwinkel betrachten. Oft sind wir alternativen Perspektiven gegenüber “blind”. Viele Aktivisten fordern Reform und mehr wirtschaftliche Gerechtigkeit im Geldsystem. Tatsächlich aber gibt es Beweise dafür, dass Probleme der wirtschaftlichen Ungleichheit ihre Wurzeln im Geldsystem an sich haben.
Der Titel dieser Folge “Die Geldzauberer” basiert auf dem Titel eines Buches, das vor etwa 100 Jahren aufgelegt wurde: “The Wonderful Wizard of Oz” - auf Deutsch “Der Zauberer von Oz” - wurde vom Journalisten L. Frank Baum geschrieben. Viele halten dieses Buch für einen sozialen Kommentar des Zeitalters. Eines der damals umstrittensten Themen war das Geldsystem, besonders die Frage ob Amerika den Goldstandard aufrechterhalten oder lieber ein bimetallisches System (d.h. Gold und Silber) einführen sollte. Gold würde den schon reichen und mächtigen Finanzmänner des Nordostens zugute kommen: denen, die das Meiste Gold schon besaßen, wie z.B. JP Morgan und anderen. Das bimetallische System hingegen würde für Landwirte und allgemeine Arbeiter das Geld zugänglicher machen. Diese Alternative wurde von der Volksbewegung unterstützt. Das Geldsystem wurde zu einem solchen Klatschthema, dass mehrere tausend Leute quer über das ganze Land reisen würden, um an  öffentlichen Vorträgen über das Geldsystem teilzunehmen. Deuter haben die Persönlichkeiten und Orte in der Geschichte “The Wonderful Wizard of Oz” folgenderweise interpretiert:

Der Ausdruck Geld-“Zauberer” – so wie “Wizard” in der ursprünglichen Geschichte dieses andeutet – beschreibt die Menschen, die heutzutage Geld machen, auf besonders zutreffende Weise. Dieses Verfahren besteht darin, dass Geld buchstäblich aus dem Nichts gezaubert wird. Nur den Zauberern wird diese Magie gestattet, die ihre Kunst vor öffentlicher Aufsicht ­– die möglicherweise die Magie verderben würde – schützen.
Die anderen Hauptdarsteller von Oz haben auch ihre Gegenstücke in der amerikanischen Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts. Bücher wie “The History of Money” von Jack Weatherford (hochgepriesen von Charles Schwab) beschreiben die Metapher von Oz näher. Letztendlich scheiterte die Volksbewegung: McKinley wurde zum Präsidenten gewählt, und der Goldstandard untermauerte weiterhin das Geldsystem. Aber die USA hatte immerhin keine wirkungsvolle Zentralbank. Finanziers wie JP Morgan und besonders der energische und geniale Paul M. Warburg (ein enger Kolleg Morgans) sorgten dafür, dass dies nicht länger der Fall war.

3) Die Federal Reserve wird geboren

Der Geburtsort der Federal Reserve war, dem Volksmund zuwider, weder Wall Street noch Washington. Eine so offensichtliche Entscheidung hätte die Zauberer und ihre Magie der öffentlichen Neugierde ausgesetzt. Vielmehr entschieden sich die Gestalter des Geldsystems für einen Bundesstaat mit anderen wichtigen Eigenschaften: einer dauerhaften Treue in Sachen Reichtums-Anschaffung als Priorität vor Menschenrechten. Dieses bewies derjenige Staat durch seine lange Geschichte der Sklaverei und eine solche Liebe des Goldes, dass er die Einheimischen sofort umsiedelte als Gold dort entdeckt wurde. Es hätte kaum einen besseren Ort gegeben für die Entwicklung eines Geldsystems basierend auf dem Goldstandard. Der Staat von dem der Rede war ist Georgia.1910 fand dort eine Zauberer-Tagung statt, und zwar auf der Jekyll Insel. Als Vorwand für den Aufenthalt wurde die Entenjagd zitiert. Vielen Berichten zufolge aber blieb die Entenbevölkerung der Insel unangetastet: vielmehr wurde das Federal Reserve System ins Leben gerufen. (Berichte von diesem Treffen sind in der Autobiografie von Frank Vanderlip zu lesen. Herr Vanderlip war am geheimen Treffen beteiligt, und zwar als Präsident der National City Bank – heutzutage Citigroup genannt. Einen weiteren Bericht schrieb 1916 Bertie Forbes in Current Opinion. Herr Forbes gründete anschließend Forbes Magazine. Interessanterweise vertritt die Federal Reserve Bank of Mineapolis dieselbe Darstellung auf ihrer Webseite. Sie ist deshalb als “offizielle Geschichte” zu betrachten.)
Drei Jahre später, während der Woche vor Weihnachten 1913, und als mehrere Politiker aus dem US Congress schon im Urlaub waren, schmuggelte der Congress die Federal Reserve Act hindurch. Damit war das Federal Reserve System offiziell gegründet. Heutzutage leben wir mit den Folgen jenes Treffens auf der Jekyll Insel, obwohl der Goldstandard inzwischen nicht mehr existiert. Natürlich war im Federal Reserve System effektiv kein Platz für die Volksstimme. Es überlebte – mit Ausnahme des 1929er Markteinbruch und der darauffolgenden Depression – weil die Öffentlichkeit ihm vertraut. Dass die Öffentlichkeit zum größten Teil das System nicht kapiert, ist wohlgemerkt “interessant” in einer so genannten Demokratie.
In nachfolgenden Sendungen der “Geldzauberer” schauen wir uns die Gründung des Federal Reserve Systems etwas ausführlicher an: sein Governance und sein Verhältnis zum Congress, zu den Finanzmärkten und zur Öffentlichkeit. Bemerkenswert ist, dass die Federal Reserve kein Regierungseigentum ist, sondern 100-prozentig im Besitz des privaten Banksektors. Obwohl die Gouvereure der Federal Reserve direkt vom Präsidenten der USA gewählt werden haben sie Amtszeiten von jeweils 14 Jahren. Durch diese vorsichtige Personenauswahl wird gewährleistet, dass die Interessen der Reichen vertreten werden.

SONG/MUSIC: Mclean

4) Also, wie wird Geld erschaffen, und welche Rolle spielen die Federal Reserve und ihre Mitgliedsbanken?

Fangen wir an mit einigen Missverständnissen übers Geld. Wo eigentlich liegen die Irrtümer?

Irrtum Nr. 1: Man macht Geld indem man zur Arbeit geht oder etwas verkauft.
FALSCH: Keiner außer den kommerziellen Banken (anders genannt “depository institutions”) und der Federal Reserve – die eigentlich das Eigentum des kommerziellen Banksektors ist – kann Geld erschaffen. Wenn man seinen Lohn bezahlt bekommt ist dieses nichts Anderes als ein Übertrag von Geld, das schon existiert. Dieses Geld wurde irgendwann in der Vergangenheit von den Banken selbst kreiert, und zwar für ihre eigenen Zwecke – sprich Kreditvergabe. Der Hauptgrund dafür, dass Leute zur Arbeit gehen ist um Geld von Anderen (die das Geld besitzen) übertragen zu bekommen.
Das Geld von dem wir hier reden bedeutet Mittel, das in allen Transaktionen und bei der Rückzahlung  von Darlehen benutzt werden kann: sagen wir “Bank Money”. Nun gibt es aber viele nichtgleldliche Formen des Vermögens – kurzerhand “Wertpapiere”, wie zum Beispiel Rentenfonds, Aktienfonds usw. Nichtsdestoweniger beruhen auch diese so genannten “financial instruments” auf der Annahme, dass sie gegen bares Geld getauscht werden können. Nennen wir solche Anlagen “fast-Geld”. Weil wir aber für unser tagtägliches Leben hauptsächlich bares Geld benutzen bleiben wir bei diesem Mittel für den Rest des ersten Kapitels von “Die Geldzauberer”.

Irrtum Nr. 2: Das Geld hat irgendeine Verbindung zum Gold und zum Fort Knox.
FALSCH: Das Geldsystem WURDE einmal vom Goldstandard untermauert, und zwar bis Präsident Nixon diesen während des Vietnam-Krieges abschaffte. Grund dafür war die Tatsache, dass Fort Knox nicht genug Gold enthielt, um die gewaltigen Kriegsausgaben abzusichern. Die Abschaffung des Goldstandards bezüglich des US-Dollar führte dazu, dass man die meisten Währungen “floaten” ließ (d.h. sie waren nicht mehr an irgendeinem metallischen Wert-Standard gebunden).
Infolgedessen wuchs die Spekulation gegen Fremdwährungen phänomenal heran, die später zu massiven wirtschaftlichen und sozialen Krisen in denjenigen Ländern führte, auf deren Währung gewettet wurde. Beispiele sind die mexikanische Peso-Krise (1994-95), die asiatische Finanzkrise der späten 90er Jahre und die russische Rubel-Krise. Der Anteil aller internationalen Geldgeschäfte, die mit Währungsspekulation verbunden sind, steht inzwischen bei 98%. Daher machen “echte” Geschäfte lediglich 2% aus. Es wäre keine Übertreibung zu behaupten, dass wir heutzutage mittendrin in einem gewaltigen Kasino leben. Die Quelle für diese Daten ist die Bank for International Settlements; zugänglich zusammengefasst werden sie im Buch von Bernard Lietaer “The Future of Money” (Century Press).
Ohne die Konvertierbarkeit gegen Gold sind Geldversorgung und -schuld brisant herangewachsen, und die eigentliche Bedeutung von Geld ist unklar geworden. Geld ist nun bloß ein Maß in einem elektronischen Buchhaltungssystem von Haben und Soll, das weltweit als einzige Möglichkeit zum Handelsgeschäft anerkannt wird. Jeden Tag kursieren die Erdkugel Billiarden von Dollar, die weitere Kredite für ihre Besitzer einholen wollen.
Das Geld von Heute wird nicht mehr durch Gold unterstützt. In der Tat wird es durch gar nichts unterstützt außer unserem Vertrauen im Geldsystem selbst und denen Menschen, die Geld  erschaffen und kontrollieren – sprich dem kommerziellen Banksektor und dessen Hauptaktionären. Die Erklärung auf allen US Banknoten „In God we Trust“ (deutsch: „Auf Gott vertrauen wir“) verkörperlicht dieses Vertrauen in vielsagender Weise, denn wer würde etwas nicht vertrauen, das dem Herrgott so nah ist?

Irrtum Nr. 3: Das Geld wird durch die Münzanstalt der Regierung kreiert.
FALSCH: Heutzutage wird fast KEIN Geld von der Regierung erschaffen. Das meiste Geld wird von Banken kreiert indem sie normalen Menschen Darlehen gewähren. Fast alle Gelder (mehr als 95% zu einem gewissen Zeitpunkt) werden durch eine  Schuld kreiert, die dem Haben entspricht. Bares Geld entspricht einem sehr geringen Anteil des Ganzen, und wird nicht von der Regierung, sondern vom Federal Reserve System hergestellt. In aller Wahrheit wird Geld tatsächlich aus dem Nichts kreiert, und zwar von den kommerziellen Banken und ihrem Federal Reserve System.

5) Wie wird Geld eigentlich erschaffen?

Geld wird prinzipiell auf zwei Weisen kreiert: Erstens durch die Herstellung von Zentralbankgeld, das zum größten Teil aus Geldscheinen besteht; Zweitens durch die Auswertung von Darlehen und eingezahlten Geldern bei kommerziellen Banken. Die zweite Variante macht den Großteil der Geldversorgung aus.
Zentralbankgeld (auch “high powered money” genannt) wird dann kreiert wenn die Federal Reserve so genannte Open Market Operations durchführt: d.h. Die Federal Reserve spritzt Gelder in den allgemeinen Kreislauf ein indem sie Regierungssicherheiten kauft (eine Art Schuldbrief gegen die Gelder, die die Regierung braucht, um gewisse Projekte zu verwirklichen). Die Regierung wird dann als Schuldner gegenüber der Federal Reserve eingetragen, was effektiv bedeutet, dass auch die amerikanischen Steuerzahler zu Schuldnern werden. Aber woher bekommt die Federal Reserve die Gelder, die für diesen Ankauf nötig sind? Naja, aus dem Nichts, woher sonst?
Die Federal Reserve hat kein Budget, weil sie keins braucht. Sie “erfindet” Gelder wenn immer sie sie braucht. In der Tat entstehen die meisten Gelder mit denen wir Kontakt haben aus Zentralbankgeldern, die irgendwann in der Vergangenheit von der Federal Reserve gezaubert wurden. Die meisten solcher Gelder bestehen aus Währungsgeld, die als Federal Reserve Banknoten zirkulieren. Die Federal Reserve trägt dann mit der Bezeichnung “Federal Reserve Notes outstanding” eine fingierte “Schuld” in ihrer Buchhaltung ein. Gegen diese Auszahlung bekommt die Federal Reserve ein “Anlagegut” in Form von Regierungssicherheiten, die normale Menschen anschließend durch echte Arbeit zurückzahlen müssen.
Jedes Mal, dass die Federal Reserve solches Geld kreiert oder zerstört wird in der Presse von einem “Greenspan interest rate announcement” der Rede. Diese Erklärung stimmt zwar nicht, aber sie ist für die Öffentlichkeit viel leichter hinunterzuschlucken als wenn man sagen würde die Federal Reserve habe gerade Geld kreiert oder zerstört.
Sobald diese Art Geld hergestellt wird können die Banken ungefähr 10 Mal so viel Geld durch Darlehen an normale Menschen produzieren. Dieses Geld wird als “Checking Account Money” bezeichnet. Also werden die meisten Gelder dadurch erschaffen, dass Bankiers ein paar Zahlen in einen Computer eingeben. Geld ist heutzutage nichts mehr als Computerakten. Wenn Sie, als Zuhörer/Leser, ein Darlehen für ein Haus oder ein Auto brauchen wird das entsprechende Geld von der Bank aus dem Nichts herausgezaubert, und auf das Konto des Verkäufers übertragen.
Die Bank hat einen bestimmten Vorteil, nur weil sie eine Bank ist, denn sollten Sie die Baufinanzierung durch harte Arbeit nicht abzahlen können bekommt die Bank Ihr Haus. Und all das nur weil die Bank ein paar Zahlen in einen Computer eingegeben hat! Aus der Sicht der Bank ist ein unerstattetes Darlehen ein schlechtes Geschäft, weil sie dann als verlorenes Anlagegut abgeschrieben werden muss, was die jährlichen, von der Bank bekannt gegebenen, Profite beeinträchtigt.
Sollten viele Leute ihr Darlehen nicht zurückzahlen können würden die Finanzregulatoren die Bank dichtmachen. Also sollte es Ihnen jetzt klar sein warum die Bank ihr Haus behalten will falls Sie das Darlehen nicht zurückzahlen: die Bank geht nämlich auch ein finanzielles Risiko ein, sei es nur imaginär.

SONG/MUSIC: 10.000 Maniacs

6) Fahren wir jetzt fort mit der Diskussion um die Ungerechtigkeit des Banksystems, indem wir die undemokratische Natur des Systems untersuchen.

Beim fast magischen Verfahren des Gelderschaffens liegt ein Großteil der Ungerechtigkeit der normalen Öffentlichkeit gegenüber daran, dass die Öffentlichkeit keine Stimme bei der Entstehung neuer Gelder abgeben kann. Nur die Geschäftsführer der Banken und das Open Market Komitee des Federal Reserve Board dürfen entscheiden wie viel Geld erschaffen wird, und – sehr wichtig – ZU WELCHEM ZWECK. Bei diesen Entscheidungen ist die Öffentlichkeit zwangsläufig ausgeschlossen. Ausschlaggebend ist die Fähigkeit des Schuldners zum Zurückzahlen und der Zinsertrag, der die geliehenen Gelder erwirtschaften werden. Dies hat als Folge, dass die meisten neu erschaffenen Gelder an Leute fließen, die schon viel Geld und viele Vorteile im Leben haben. Benachteiligten Leuten wird die Teilnahme am Gelderschaffungs-Verfahren oft verweigert, mit der Ausnahme von Situationen wo der Schuldner mit hohen Zinsen regelrecht ausgebeutet werden kann, und/oder die Bank seinen Besitz/sein Vermögen wegnimmt. Es bleibt solchen Leuten oft nichts übrig als sich an „nichtbankische“ Geldleiher zu wenden, die schon verhältnismäßig reich sind. Auch hier ist die Folge oft Ausbeutung des Schuldners.
Eine weitere Konsequenz dieses Systems ist, dass Geld NICHT für die Dinge erschaffen wird, die sich die Gesellschaft am Meisten erwünscht. In der Tat wird Geld oft ausgerechnet für die Dinge kreiert, die die Gesellschaft überhaupt NICHT will. Zu solchen zählen die ungehemmte Zerstörung der Umwelt, wie z.B. durch Abholzung, den Bau von Kraftwerken, Metallabbau usw. Die Banken wissen nämlich, dass solche Projekte mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Anlage rechtfertigen werden (sprich das Darlehen wird mit Zinsen zuverlässig zurückgezahlt). Interessanterweise wird Geld fast NIE für öffentliche Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit kreiert, weil die Banken nicht davon ausgehen können, dass die Darlehen zurückgezahlt werden können. Öffentliche Dienstleistungen verlassen sich auf “umgeleitete” Gelder, die Ihnen durch Steuern zufließen. Also ist es alles Andere als überraschend, dass wir einen Punkt erreicht haben wo sozialer Wert und geldlicher Wert invers korreliert sind. Damit meine ich, dass eine Ware oder Dienstleistung mit hohem Wert auf dem privaten Markt einen geringen sozialen Wert hat. Umgekehrt, Güter mit hohem sozialen Wert erwirtschaften einen niedrigen geldlichen Gewinn. Dieses Phänomen zeigt sich z.B. bei Lehrern in öffentlichen Schulen, die (zumindest in den USA und vielen anderen Ländern, wobei nicht unbedingt in Deutschland der Fall) unter den Berufen liegen, die am Schlechtsten bezahlt werden. Umgekehrt ist das Geschäft mit Währungsunterschieden wahrscheinlich der am Besten bezahlte Beruf überhaupt; er zählt auch zu den am sozial destruktivsten Beschäftigungen dieser Welt. Wahrscheinlich wäre die Situation anders, wenn beim Gelderschaffungs-Verfahren soziale Faktoren und Öffentliche Meinungen in Betracht gezogen würden.
Fest steht, dass die Erschaffung von Geld durch die kommerziellen Banken undemokratisch ist, und somit der Finanzierung (durch Darlehen) vieler unwünschenswerten Dinge Vorschub leistet. Oftmals übersehen ist die Macht der Federal Reserve – des Schöpfers aller Zentralbank-Gelder. Einer der besten Nachweise dieser Macht ist die Erhöhung der Zinsrate durch Federal Reserve Governor Paul Volcker, die der Auslöser für die lateinamerikanische Schuldenkrise war. Endgültige Schuldenträger dieses Manövers waren die normalen Bürger der lateinamerikanischen Lände, die es persönlich und in gewaltigem Maße traf. Während die OPEC, die kommerziellen Banken und verschiedene Diktatoren wesentlich zum Spatenstich dieser Krise beitrugen, wurde der entscheidende Schub in einem einzelnen Treffen hinter geschlossenen Türen gegeben. Die Sitzungen des „Federal Open Market Committee“ (FOMC) waren nie für die öffentliche Stimme offen. Obwohl Zusammenfassungen einzelner Sitzungen fast sofort veröffentlicht werden bleiben die ausführlichen Protokolle weitere 5 Jahre geheim!
Dass die Entstehung von Geld mit demokratischen Verfahren nicht zu tun hat sollte ein wichtiger Grund zur Sorge sein. Viele der oben genannten Probleme wären gelöst, hätte die Öffentlichkeit mehr Stimmrecht in Sachen Gelderschaffung. Dies, aber, benötigt ein völlig anderes Musterbeispiel für Geld als das was wir heutzutage haben. In der Tat ist es ein sehr komplexes Problem mit keinen einfachen Lösungen. Aber zu allerwenigst sollte man das Thema hoch auf der Tagesordnung für die öffentliche Debatte einstufen. Zu dem: sobald man das Verfahren der Gelderschaffung aus dem Nichts versteht begreift man auch, dass das was die Banken und Federal Reserve machen gar nicht so schwierig ist. Einige Hoffnungen für ein besseres Geldsystem entstehen gerade durch lokale und alternative Geldsysteme wie LETS und Ithaca Hours. Diese Beispiele werden in späteren Folgen der „Geldzauberer“ vorgestellt.

7) Das „Verlust-gleicht-Gewinn-Spiel“ (Zero Sum Game)

Eine Eigenschaft des Geldsystems, die viele übersehen, vor allem Vertreter des „Trickel-Down“-Prinzips (Gewinne, die ganz oben gemacht werden, finden ihren Weg ­– früher oder später – an die Kleinbürger), ist die Tatsache, dass Gewinne an einer Stelle genau ähnlichen Verlusten an einer anderen gleichen, weil unser Geld völlig auf Schulden basiert: je mehr Nettogewinn ich habe desto mehr Nettoverlust hat ein Anderer. Ich kann meine positive Bilanz zunutze machen in dem ich sie profitabel anlege während ich entweder auf dem Kanapee sitze und mich ausruhe oder eventuell zur Arbeite gehe, um mehr Geld zu verdienen. Also ist das wahrscheinlichste Ergebnis für jemanden der Geld hat nämlich, dass dieses Geld heranwachst. Dem Zero Sum Game zufolge bedeutet dies unweigerlich, dass ein andere Mensch auf der Erde Geld verliert. Zumal derjenige eine negative Bilanz hat würde er unwahrscheinlich ein Darlehen bekommen, um sein eigenes Geschäft aufzumachen, und würde zwangsläufig für jemanden arbeiten müssen, der schon Geld hat. Angesichts der derzeitigen Lohnstruktur und Darlehenzinsen für „Hochrisikokunden“ wäre es für viele so genannte „Negativbilanz-Leute“ schwierig, jemals schwarze Zahlen zu schrieben, egal wie fleißig sie schuften. Hinzugefügt haben diese Menschen den Nachteil, dass sie keine positive Bilanz mittels einer Anlage zunutze machen können. Am wahrscheinlichtsten ist, dass ihre Bilanzen nur noch kleiner werden, während die Geldhabenden – gemäß der einfachen Logik des Zero Sum Game – mehr Gewinne verbuchen.
Weil positive Bilanzen immer Gewinne einbringen und es keine zwangsläufige soziale Umverteilung jener Gewinne gibt, liegen die Folgen auf der Hand: Die Reichen bereichern sich noch  mehr während die Armen nur noch ärmer werden. Und je mehr Zinsbringendes Darlehengeld man in Entwicklungsländern „investiert“ desto schlimmer (nicht besser) wird der Zustand jener Länder. Diejenigen, die in solchen Fällen am „Trickle Down Effect“ glauben beweisen eine sehr schlechte Auffassung des Geldsystems. In der Tat glauben sie an etwas was absolut nicht zu verwirklichen ist. Die Folgen ausländischer Investition in Entwicklungsländern beweisen dies in reichem Maße.
Die Situation wird noch schlimmer gemacht, nur weil das Banksystem schlicht nicht scheitern darf. In der Wahrheit bedeutet dies nur, dass der Großteil des Banksystems – nämlich die westlichen Bankinstitute – nicht scheitern darf. Die Folgen eines solchen Unglücks wären gleichermaßen für Reiche oder Arme katastrophal – so wie während der „great Depression“. Um die Risiken eines solchen Zusammenbruchs des Banksektors zu vermeiden (welches letztendlich durch mangelndes Vertrauen im System zustande käme) wurden Institutionen wie der Internationaler Währungsfonds (IWF) und die Weltbank zu Deckungsmechanismen für den globalen Banksektor. Leider bewirken diese Mechanismen lediglich die Bewegung der Last, die den Banksektor zum Einsturz bringen würde, aus dem Banksektor heraus. Genau diese Last wird dann von denen getragen, die das kleinste Stimmrecht im System haben. Dieser Prozess verzehrt Märkte in denen – idealerweise – Investoren selbst die Verantwortung für ihre eigenen Machenschaften tragen. Menschen, die die so genannte Ideologie des freien Marktes unterstützen und die derzeitigen Marktmechanismen für eine Verkörperung dieser Ideologie halten unterliegen einem großen Irrtum. Sie vernachlässigen ungleichmäßig verteilte Vorteile und Verzerrungen, die Bestandteile der heutigen Märkte sind und die diese Märkte höchstineffizient und volatil machen.
Nach diesem Motto kann argumentiert werden, dass vieles Elend, das durch die asiatische Finanzkrise den Bevölkerungen Indonesiens und anderer asiatischen Länder zugefügt wurde, das Ergebnis von waghalsigen profitorientierten Risiken war, die von Geldgierigen westlichen Instituten eingegangen waren. Hätten dieselben Institute ihre Verluste einbüßen müssen wäre vermutlich das ganze Finanzsystem zusammengebrochen. Mittels des IWF wurden die Verluste – die sonst das Aus für viele Banken bedeutet hätten – im Grunde gesehen an andere Sektoren der Gesellschaft weitergereicht, weil diese in der Buchhaltung des IWF nicht auftauchen. Wie gewöhnlich waren es die Armen, die einfachen Arbeiter und die Umwelt, die immer wieder für die Missverhältnisse im Markt aufkommen müssen, um die derzeitigen unfreien und ineffizienten Märkte auf ebenem Kiel zu halten.

8) Uralte Weisheiten übers Geld

Überraschenderweise sind die oben genannten Bemerkungen zum Geldsystem nichts Anderes als uralte Weisheiten, die in den heiligen Texten der verschiedenen Weltreligionen niedergeschrieben stehen. Das alte Testament spricht von der Sünde des Zinswuchers und dem Begriff des Ablasses (des Zeitraums in dem alle Schulden gestrichen wurden). Vermutlich entstanden solche Bräuche vor tausenden von Jahren genau aus den vorher genannten Gründen.
Eine weitere Ironie ist die Erklärung auf der amerikanischen Banknote „In God we Trust“ (deutsch: „Auf Gott vertrauen wir“), weil dieses Geld ein Symbol des Systems ist, das auf so eklatante Weise die Prinzipien der uralten Weisheiten schändet, und gleichzeitig dem Herrgott nah zu sein vermag.
Wenn Geld tatsächlich so abstrakt ist, und keinen konkreten Wert darstellt – weder materiellen noch sozialen – warum ändern wir’s nicht, um unseren Bedürfnissen besser zu dienen? Dieses hat sich die Demokratisierung von Geld zum Ziel gemacht, und wie bei allen Bewegungen, die zu Fortschritten in der Demokratie führen sollen, wird sie zweifelsohne auf starken Widerstand stoßen.
Soweit die erste Folge von „Die Geldzauberer“.

SONG/MUSIC: “The Merry Old Land of OZ!” The Wizard of OZ Soundtrack